Land Rover Defender 110

Frank & Steffi in Island
Island - Das Land aus Regen und Eis...
2018 / 08

D
amit das gleich vom Tisch ist: Mai bis Juni 2018 waren die nassesten und kältesten Sommermonate seit Beginn der Aufzeichnungen. Wir hatten im August auch schöne Sonnentage und damit zählt dieser gesamte Sommer nur zum schlechtesten seit 1984. Wir hatten das auch nicht anders erwartet. Anders erhofft schon :)

Wir sind geflogen, unser Landy ist im Container mit dem Schiff gefahren (Cuxhaven – Reykjavik). Dank Bringdienst konnten wir ihn am Flughafen Kevlavik in Empfang nehmen und vor dem Abflug wieder abgeben. Erstaunlicherweise funktioniert der GPS-Tracker sogar in der Blechkiste.

Zunächst haben wir eine weitgehend sonnige Woche auf der Halbinsel Snaefelsness verbracht. Man sagt, es sei Island in klein. Krater, Gletscher, Bergstraßen, Gammelhai.
Den Hai hatte ich mir noch schlimmer vorgestellt. Wenn man davon absehen kann, dass das Ammoniakaroma den gesamten Nasen-Rachenraum füllt, minutenlang, schmeckt er eigentlich. Schlimmer fand ich Trockenfisch, dessen Mundgefühl mir die Assoziation „Forstabfälle“ in den Sinn brachte.

Erste schöne Wanderungen, erste schöne Bergstraßen, und die ersten durch Schlaglöcher hüpfenden Kleinwagen auf einer Sackgasse bei der man sich fragt, warum da vorne eine Sehenswürdigkeit ausgeschildert war und nicht „4x4 only“.


Von Snaefelsness ins Hochland


Wir sind noch auf Snaefelsness, weil: Sonne!
und wir daher bei einer unserer Lieblingsbeschäftigungen: Kaffi und Kaka :-)

Schon auf unserem ersten Campingplatz gab es lecker aussehenden Bananenkuchen. Ein klitzekleines Stück sollte aber 650 ISK (5,20€) kosten 8-0 Da ist er uns noch in der Vitrine im Halse stecken geblieben. Ach, was waren wir noch naiv. Das sollte das günstigste Stück auf der Reise bleiben... Aber irgendeinen Luxus muss man sich ja gönnen und so haben wir für den Genuß auf dem Foto den Gegenwert einer kleinen Eigentumswohnung hingelegt (naja, aber ein Abendessen würde man hierzulande dafür schon bekommen). War aber wirklich, wirklich lecker :-)

Keine Sorge, wir essen auch Obst.

Die Halbinsel haben wir Richtung Husafell verlassen, über die Kalidalur (F550) vorbei am ehemaligen Gletscher „Ok“. Ihm wurde als erster der Status aberkannt, da er zu dünn geworden ist. Darüber, bzw. die Erderwärmung etc., wurde jetzt eine Doku „Not Ok“ gedreht.
Die Sonne war inzwischen verschwunden und ich erspare Euch Fotos von Wohnhöhlen im Regen, Thingvellir im Regen, Geysir im Regen, Gulfoss im Regen. Selbst die größte Bevölkerungsgruppe (nach den Touristen) fand das nicht so toll.

Zweitstärkste Gruppe: Autos. Große Autos.

Fahren wir also auf der Kjölur (35) ins Hochland nach Kerlingafjöll. Im Regen. Das hat den Nachteil, das man alle Schlaglöcher sehen kann, da sie mit Schlammbrühe gefüllt sind. Man fährt dann viel zu vorsichtig und das dauert...

Kerlingafjöll


Relativ einsam dort. Das Wetter hat auch sein Gutes. In der Wandererküche alles ein bischen trostlos.
In der warmen Hütte gab’s aber Kaffi und Muffins, die einem köstlichen Steamed Pudding mit Sirup nahe kamen, mmmmh. :-) Preis reden wir mal nicht drüber.

Da eine Fahrt hoch zum Thermalgebiet – eines DER Ziele der ganzen Reise überhaupt – bei dieser Bewölkung keinen Sinn machte, sind wir zu Fuß aufgebrochen:

Genau, da links lang zum „pool“ ;) Unser erster hot pot. Herrlich warmes Wasser. Draußen Regen, 5°C. Abtrocknen und Anziehen in Rekordzeit 8-0 Später kam dann die Sonne noch raus und wir konnten mal wieder Sachen trocknen.

Warumauchimmer, sind wir erst am nächsten Morgen ins Thermalgebiet gefahren. Ein Miet-Defender mit zwei Berlinern ist vorher umgekehrt, was aber garnicht nötig gewesen wäre... Man steigt nämlich wieder 100 Hm in ein Tal hinab und nach und nach lichteten sich die Wolken wie ein Vorhang. Wir konnten diese grandiose, farbenbrächtige, dampfende und abwechselnd nach Eiern und Feuerwerk duftende Landschaft fast alleine genießen.


Auf der Rückfahrt vom Thermalgebiet stand fast oben ein Kleinbus mit Teenagern und Papa/Lehrer/oderso. Er: ob es noch weit sei (sind mit diesem Bus stundenlang über Schlaglöcher und Wellblech ins Hochland gefahren und dann noch diese steile 4x4 Strecke und wissen nicht wo sie sind ?) - Nein, 5 Minuten noch, es lohnt sich!". Teenager: „Was kann man denn da sehen?" - - - „Landschaft" - mehr ist mir nicht eingefallen... Jagut ich war auch mal Teenager. Und hatte das Glück in dem Alter z.B. auf dem Stromboli übernachten zu können. Kann nur hoffen, dass auch diese Teenies die „Landschaft" dort oben berührt hat.

Die erste Furt


Nun sitzen wir also in der Mitte Islands und wollen eigentlich weiter in den Norden. Wetterbericht für den Norden: noch tagelang Regen, Sturm. Für den Süden: Sonne. 8-)

Ok, die Schlaglöcher kannte ich ja nun alle mit Namen, also wieder retour, diemal mit Aussicht auf die umliegenden Berge und Gletscher.

Ein Tipp an der Kjölur ist die Hütte Ardbudir. Angehalten haben wir natürlich wegen dem Schild "Kaffi" :-) Nette...tiefenentspannte...Bedienung...zzzzZZZ. Für 1000 ISK (8€) pro Person kann man campen, ein Schnäppchen. Das Pferd kann man auch mitbringen – 80 ISK (!) für einen Platz im Stall. Die Rolle Heu kostet allerdings 17.500 ISK. Da muss der Hoppel halt mal hungern.

Nun ging’s gegenüber dem Gulfoss auf eine „Abkürzung“ Richtung Landmannarlaugar. Zum Furten-üben. Dachten wir uns so. Nach 45 Min. auf dieser ruppigen Strecke, erreichten wir die Leirá, ich las die Checkliste und zog die Wathose an. Das erst Mal mal alles ordentlich machen.
Gut, wir sind dann wieder umgekehrt... Zu tief auf einer Seite, zu dicke Steine, keine Erfahrung, keine anderen Leute, kein Handyempfang. Zwei Wochen später hatten wir dann zwangsweise genug Erfahrung und wären sie gefahren. Doch dazu später mehr.

15 Minuten später überholte uns ein Pärchen im Defender –
„Seid’s umgekehrt? Aha, aber da war doch garnichts - ??“ – pffrrt, ihr hättet ja auch früher kommen können. Dahinter ein PKW. Junges Pärchen. Etwas ratlos. Ob es hier nach Kerlingafjöll ginge? „Ja, aber wenn ihr da vorne rechts abbiegt, kommt ihr dort nie an – schwierige Bergroute! Ihr müsst erst nach Gulfoss über den Fluß und dann auf die 35. Ich zeig’s Euch mal. Do you have a map?“ – Er wieder ratlos, blickt auf sein Handy... (kein Empfang hier, ihr erinnert Euch). „Oh man, you should get a map! You risk getting seriously stuck in the mountains. Or rivers. How did you get on this track, anyway?“ (auf der Karte sieht das aus wie eine Abkürzung, ihr erinnert Euch ;) ). Seine Antwort: „We don’t have these kind of roads at home.“ ...

So sind wir also den langen Weg nach Landmannalaugar gefahren.

Landmannalaugar


Dieser längere Weg aus Norden nach Landmannarlaugar ist landschaftlich schön, der Straßenzustand ätzendes Wellblech. Aber es lohnt sich. DAS Ziel unserer Reise. Und Sonne 8)


Und nach dem Auspacken des Kochers HAGEL |-( Schnell das kurz vor der Abfahrt fertiggebastelte Heck-Tarp ausgepackt :-) Dann wieder Sonne... Natürlich sind auch noch andere Touris dort, aber es verläuft sich und als wir morgens losgewandert sind, waren wir noch alleine (später werden wir dann typischerweise häufiger überholt...).


Wir haben eine Stunde da oben gesessen, gestaunt und fotografiert. Wäre ich Maler, hätte ich es jetzt aufgegeben... Mir kamen da oben wirklich die Tränen - und ich bin eigentlich so'n Technikwissenschaftscomputerheini... Besonders, wenn man wie wir den Bláhnúkur hochgeht, eröffnet sich der ganze Blick erst, wenn man oben über den Grat kommt. Während wir dort saßen, hörten wir ein paar Mal "wow!" von Leuten, die nach uns hochkamen :)

Weiter nach Süden über die bis zum Eldgja-Tal sehr schöne F208. Viele Bach-Durchfahrten. Furten waren das meist auch nicht wirklich. Danach wird die Straße langweilig. Highlight war ein Forward Control, der uns entgegenkam.

Þórsmörk


Zunächst hatte ich immer Thörsmörk gelesen... Richtig: Thorsmörk bzw. richtig richtig Þórsmörk ("Thors Wald"). Das kommt von den ganzen Apostrophen, die z.B. aus einem "o" was man nicht "o" spricht ein "ó" machen, das man nicht "ö" spricht 8-) Egal, einige Tage später, nach viel Regen mal wieder Sonne, sind wir als letztes Highlight noch in die Þórsmörk gefahren.
Die Krossa, entlang derer sich die F249 ihren Weg sucht, sah fast trocken aus und auch die ca. 15 Flussdurchfahrten auf der Straße selbst bis ans Ende des Tals waren so unspektakulär, dass wir nur ein Foto von der letzten gemacht haben.

Wir haben das schöne Wetter für eine Wanderung genutzt und nachmittags entschieden, auch morgen noch zu bleiben. Der Hütten-Wart Berti sagte da schon, dass wieder Regen käme. Für’s Hochland und den Südwesten wieder Wetterwarnung. Naja, kennen wir ja schon. Irgendwann spätnachmittags regnete es dann wie versprochen.

Am nächsten Morgen auch noch.
„Berti, meinst du wir können fahren? Wie sind die Flüsse jetzt?“ Weiß er nicht, aber Mittags solle der Regen nachlassen und die Furten wären ein paar Stunden später sicher besser. Ah, ok, dann hören wir da mal drauf und warten noch. Nun treffe ich Stephane und Julia, die mit ihrem Defender (kinomad.land – geniales Projekt) gerade losfahren. Ich erzähle ihnen von Bertis Bedenken und bitte sie, mich anzurufen, wenn sie aus dem Tal raus wären.

Halbe Stunde später Anruf von Stephane. Erste Furt – die Hvanná („Kwennau“) unpassierbar. SUV mit zwei Amis drin steckengeblieben. Sie kommen zurück :(

Stephane bringt Videos mit und Berti ist sichtlich überrascht, was den Zustand und die Strömung der Hvanná angeht...

Stundenlanges Warten, Wetterbereicht verfolgen, spekulieren, mit dem Busfahrer reden, der mit Traktorhilfe eben seine erste Tour über Hvenná und Krossa gemacht hat: Ja, naja, da sei danach ja auch noch die Steinholtsá zu passieren, über die weiss er nichts.

Nächster Bus kommt, der die gesamte Strecke gefahren ist. Und? Und??? „Die Land Rover müssten es schaffen können.“

Da Berti heute abreisen muss und sich das Wetter weiter verschlechtern soll, beschließen wir, es um 14:00 im Konvoi zu versuchen. Der Bus vorweg, dann ein isländischer Defender, Berti im Disco und unsere beiden Defender hinterher.


Na, dann mal los...
https://youtu.be/LdZGZUStGEM



Dann kam die Steinholtsá-Furt. Wie soll ich davon erzählen...? Unser Konvoi hat es geschafft und es aus der Thorsmörk rechtzeitig ohne Schäden heraus zu schaffen, war ein Erlebnis.
https://youtu.be/lRTV9ZjSnC0



Aber...
Wir sahen den steckengebliebenen PKW, der Abschleppwagen kam und alles schien ok. Dann gab es flußabwärts einige Verwirrung, jemand sei im Wasser, wir also hingefahren – hatten ja Seile und Wathose dabei. Leider viel zu spät. Ich sah eine Frau in der Flussmitte, die dort seit mindestens einer dreiviertel Stunde im kalten Wasser liegen musste :-(

Der PKW war von einem frisch verheirateten, jungen Paar aus den USA gemietet worden. Sie haben wohl ca. eine Stunde vor unserem Eintreffen versucht, den Fluss alleine zu überqueren. Beim Versuch, zu Fuß zurück ans Ufer zu kommen, muss die Frau von der Strömung mitgerissen worden sein. Der Mann hat überlebt und konnte sich bei Stephane und Julia im Landy aufwärmen, hatte aber zunächst nichts von dem tragischen Unfall mitbekommen, war vermutlich unterkühlt und/oder unter Schock.

https://icelandmag.is/article/foreign-traveler-drowned-crossing-unbridged-river-s-iceland
https://icelandmag.is/article/woman-who-drowned-steinholtsa-river-was-us-citizen-honeymoon-her-husband

Berti, Stephane und Julia sind noch bis zum Eintreffen der Rettungskräfte geblieben. Wir haben derweil weitere PKW zum Umkehren bewegt. An der nächsten Tankstelle haben wir uns alle wiedergetroffen und versucht, das Erlebte zu verarbeiten.

http://icelandmag.is/article/hundreds-travelers-involved-accidents-during-failed-river-crossings-each-summer
http://icelandmag.is/article/accident-steinholtsa-river-reminds-us-glacial-rivers-are-extremely-dangerous

Ausklang


Nach diesen Erlebnissen haben wir unsere letzten drei Tage auf Island ruhig angehen lassen.
Auch auf der Halbinsel Reykjanes kann man im Kleinen einiges islandtypisches erleben.

Unaussprechliche Nebenstrecken fahren...
Küstenwanderung machen... (die Leuchttürme werden immer kleiner, je näher man kommt :-)
Geothermalgebiete und
Gunna den Geysir-Geist besuchen...



Und noch ein letztes Mal
eine 4x4 Bergstraße fahren :-) Dabei kleines Schwätzchen mit einem Schafs-Bauern gehalten, sprach nicht so gut Englisch. Er hatte einen roten 110er TD5, sichtlich zum Arbeiten, inkl. Border Collies auf den Rücksitzen. Ich: "Man sieht ja hier nicht viele Defender.", "So?", "Ja, nur Touristen :-)", aha, also er habe noch einen 130er :)

Tschüß, Island. Bis zum nächsten Mal :-)